Buchrezension über das Buch «Wenn der Körper nein sagt – Vaginismus verstehen und heilen»
Sabine Schmidt beschreibt in ihrem Buch „Wenn der Körper nein sagt – Vaginismus verstehen und heilen“ auf eine sehr empathische Art und Weise, was Vaginismus für betroffene Frauen bedeutet, wie er entsteht und was sie dagegen tun können.
Der Aufbau des Buchs hangelt sich an einem wundervollen roten Faden entlang. Es beginnt mit der Definition von Vaginismus, schaut danach bei der weiblichen Anatomie vorbei und findet seinen Weg über die Ursachen hin zu alltagstauglichen Übungen & Behandlungsmöglichkeiten.
Nachfolgend möchte ich die Inhalte des Buches kurz zusammenfassen, um Euch einen Einblick in das relevante Thema Vaginismus zu vermitteln.
Zunächst einmal – Was ist Vaginismus eigentlich überhaupt?
Vaginismus zeigt sich durch einen verkrampften Beckenboden im unteren Bereich. Das Krampfen führt dazu, dass der Vaginaleingang als stark verengt empfunden wird. Dies jedoch eher auf schmerzhafte und beklemmende, statt auf lustvolle Art und Weise.
Frauen, die damit zu kämpfen haben, haben starke Schmerzen, wenn sie sich ein Tampon, den Finger oder gar einen Penis einführen wollen. Die Vagina wirkt wie verschlossen und spricht ein klares Nein, ist nicht bereit zu empfangen. Der Sex scheint unmöglich, was einen Rattenschwanz an körperlichen, persönlichen und psychischen Schwierigkeiten nach sich zieht.
Ungefähr 3-7 Prozent aller Frauen leiden unter Vaginismus, viele wahrscheinlich unwissentlich, da das Thema zu schambehaftet ist, als das sich Betroffene offen darüber austauschen können.
Die gute Nachricht ist, dass Vaginismus komplett heilbar ist und Frauen mit derartigen Beschwerden wieder zu einer erfüllenden und lustvollen Sexualität zurückfinden können. Allerdings erfordert eine Heilung Disziplin und Durchhaltevermögen. Der eigene Körper darf erstmal wieder neu lernen, sich zu entspannen. Aber umso öfter die notwendigen Übungen durchgeführt werden, umso schneller erinnert sich der Körper an seine natürliche Funktion.
Emotionen spielen in der Heilung eine große Rolle. In der Yoni werden Gefühle gespeichert, die es zu umarmen gilt. Während der Heilung können Trauer, Wut, Ohnmacht und Hilflosigkeit hervorgerufen werden. Emotionen, die schon so lange in Dir schlummern, die Du aber immer sehr gut versteckt hast.
Diese starken Emotionen dürfen sich in dem Prozess zeigen. Auch eine Scham darüber, als Frau nicht „normal zu funktionieren“ oder eine Angst, den Partner dadurch zu verlieren, gelten als natürliche Reaktionen.
Der Weg zurück in eine erfüllende Sexualität ist sehr individuell. Dementsprechend ist es wichtig, sanft zu Dir zu sein. Du darfst und solltest in Deinem eigenen Tempo gehen, Dich nicht verurteilen, wenn Du mal Pausen einlegst oder nicht so viel machst, wie Du Dir vorgenommen hast. Selbstvorwürfe führen nur zu zusätzlichem Stress und genau aus dem stressbehafteten Teufelskreis aus Scham und Vorwürfen wollen wir herauskommen. Es ist völlig normal, auch mal Pausen einzulegen. Wenn der Alltag zu stressig wird oder ein Urlaub ansteht, sei stets achtsam und mitfühlend mit Dir. Erlaube Dir, Du selbst zu sein und Dich in Deinem eigenen Tempo mit Geduld, Selbstliebe und Freude neu zu entdecken.
Vaginismus ist eine Reaktion des Körpers, weshalb es auch nicht nur mit Sprachtherapie gelöst werden kann. Es gibt hier einen direkten Zusammenhang zwischen Körperlichkeit und Emotion, also bezieh Dein Inneres sowie Dein Äußeres mit ein.
Die Autorin unterscheidet 2 Formen des Vaginismus:
Erstmal gibt es den primären Vaginismus. Dieser entsteht meistens während der Pubertät oder im jungen Erwachsenenalter. In dieser Form ist die Blockade in der Art, dass nichts ohne Schmerzen eingeführt werden kann.
Im sekundären Vaginismus wurde dagegen schon ein „normales“ Eindringen des Penis erlebt. Diese Version entsteht auch erst im späteren Alter.
Weiterhin benennt das Buch 3 Grade des Vaginismus:
- Grad:
Hierbei hast Du Schmerzen bei der Penetration, die jedoch beim Sex nachlassen und abklingen. Man spricht hier von einer Dyspareunie anstatt vom Vaginismus. - Grad:
Verspürst Du ein starkes Brennen und ein Engegefühl während des Geschlechtsaktes? Und diese Gefühle gehen nicht weg. Dann handelt es sich um eine starke Dyspareunie oder Vaginismus.
- Grad
Der 3. Grad beschreibt eine unmögliche Penetration. Schon allein bei dem Versuch, verkrampfen sich Beckenboden sowie eventuell auch die Oberschenkelmuskulatur so stark, dass Deine Beine zu zittern anfangen. Dies ist eine sehr starke Form des Vaginismus.
Manchmal kann aber auch ein sehr dickes Jungfernhäutchen zu starken Beschwerden beim Eindringen führen. Lass dies am besten einmal von Deiner Gynäkologin abklären. Sie muss dafür auch nicht in Deine Vagina eindringen, da das Jungfernhäutchen von außen sichtbar ist.
Des Weiteren können die Ursachen von Vaginismus bzw. Schmerzen beim Sex sehr unterschiedlich sein. Meist sind es aber keine körperlichen Symptome, wie bspw. eine chronische Harnwegsinfektion oder virale/bakterielle Infektionen. Bei Schmerzen solltest Du etwaige Ursachen in jedem Fall von einer Ärztin untersuchen lassen.
Schmerzen beim Versuch der Penetration können u.a. auch auftreten, weil Du noch nicht feucht genug bist. In diesen Fällen ist es wichtig, das Vorspiel zu verlängern und so lange zu warten, bis Du wirklich bereit bist zu empfangen.
Die Gründe, warum Du an Vaginismus leidest, gehen tiefer. Sie sind oft emotionaler Natur und beruhen auf Ängsten, Überforderungen oder auch unangenehmen Erfahrungen. Ein Sturz auf die Yoni in der Kindheit oder auch Probleme in der Partnerschaft können dazu führen, dass Du Schmerzen beim Geschlechtsakt verspürst. Manchmal reicht auch die Vorstellung schon aus, dass der Penis zu groß ist und die Yoni zu eng, um eine Verkrampfung hervorzurufen.
Es gibt unterschiedliche Behandlungsmöglichkeiten, aber der erste Schritt ist immer, Dich selbst ernst zu nehmen und Dir Deiner Beschwerden bewusst zu werden.
Der Weg zur Heilung führt in die Selbstliebe und dafür darfst Du tiefe Schattenarbeit betreiben. Auf Deinem Weg wirst Du Dir Deine Glaubenssätze wie z.B. „Ich bin nicht normal“ „Ich stell mich nur an“ etc., anschauen und Deine Selbstzweifel wahrnehmen.
Hier darf alles gefühlt und aufmerksam wahrgenommen werden und Du bist immer genau an dem Punkt, an dem Du gerade sein sollst.
Voraussetzung für Deinen Weg in die Heilung sind starke Willenskraft, Entschlossenheit und Durchhaltevermögen. Die Gefühle des Scheiterns und der Unzulänglichkeit werden Dich immer mal wieder besuchen kommen. Sei stets mitfühlend mit Dir selbst und nimm den Druck raus.
Sabine Schmidt hat eine sehr schöne Art, sachliche Inhalte anschaulich auszudrücken. Das gesamte Buch ist sehr verständlich geschrieben und nimmt einen mit auf eine spannende Reise. Sie benutzt eine sehr sanfte Sprache, die dazu führt, dass sich Frauen gut aufgehoben und verstanden fühlen, anstatt in ihrem Schmerz übergangen zu werden.
Sie führt immer wieder Praxisbespiele an, die einen Bezug zur Realität schaffen. Insbesondere ihre Übungsanleitungen sind sehr deutlich und vor allem umsetzbar beschrieben.
Das Buch richtet sich an Frauen, die mehr über sich verstehen wollen. Insbesondere an solche, die Schmerzen beim Sex und das Gefühl haben, mit ihnen stimme etwas nicht. Aber auch an Frauen, die sich für ihre Weiblichkeit interessieren und den Ruf verspüren, mehr in die Tiefe ihres Seins einzutauchen.
Meine Kundinnen berichtet mir immer wieder, dass sie Schmerzen bei der Penetration oder auch beim Einführen des OB´s verspüren. Es kommt vor, dass das Gefühl von Ekel auftritt, wenn sich meine Kundinnen selbst Berühren sollen. Die Verbindung zur eigenen Yoni darf wieder aufgebaut werden und sollte stets mit Liebe und Fürsorge erfüllt sein. Eure Yoni ist ein heiliger Ort und kein „schmutziger Fleck“, keine Schwäche unseres Körpers. Es gibt so viele Frauen, die betroffen sind, aber aus Scham nicht darüber reden und in Selbstzweifel versinken. Für uns Frauen ist es wichtig, uns mit unserem Körper, unserem heiligen Schoß und dadurch mit uns selbst zu verbinden.
Sabine schenkt uns mit ihrem Buch einen Weg in die Selbstheilung, ein Bewusstsein und Verständnis über die Schmerzen und Ängste, die mit Vaginismus einhergehen.
Deshalb vielen Dank an die Autorin und an alle Frauen, die sich entscheiden, durch ihre Schatten zu gehen, um endlich eine erfüllte Sexualität zu leben.
In Liebe
Deine Natalie