Eine Erektion in der Gruppe – geht das?
Beni kam zum ersten Mal ins Tantrayoga. Er war gespannt und nervös gleichzeitig, denn er hatte keine grosse Ahnung, was ihn erwartete. Er hatte darüber gelesen, er hatte auch schon ein wenig Erfahrung mit Tantramassage. Dennoch: Was waren das für Leute, die nackt Yoga machen, und dann noch ständig mit einem sexuellen Unterton? Er stellte sich vor, wie er alles cool mitmachen würde und wollte sich seine Anspannung nicht anmerken lassen.
Die Begrüssung durch die Lehrerin war freundlich, der Beginn war locker. Von Yoga hatte Beni keine grosse Ahnung, es war aber immerhin nicht sein erstes Mal, und sportlich war er ja auch. Nach einem Weilchen kamen die ersten Yogaübungen, die die unteren zwei Chakren aktivieren und generell die Energie im Körper fliessen lassen sollen. Beni wurde nervös und begann, schneller zu atmen. Er ahnte schon, was passieren würde. Die Lehrerin hatte noch süffisant angemerkt, dass sich bei dieser Übung bei Männern etwas regen könne, das sei aber gar kein Problem (bei Frauen natürlich auch, nur sei das halt nicht so offensichtlich).
Obwohl er sich diese Situation und seine coole Reaktion darauf mindestens ein Dutzend Mal vorgestellt hatte – oder vielleicht eben gerade deswegen – ging alles ganz schnell. Beni spürte, wie sich die Energie in seinem Genitalbereich aufbaute, sich dort aber staute und nicht anderswohin in den Körper abfloss, wie dies geübte Yogis vielleicht steuern können. Jedenfalls spürte er, wie das Blut in seinen Lingam floss und er sich blitzschnell aufrichtete. Kerzengerade zeigte er im Schneidersitz nach oben. Es war ihm unheimlich peinlich: „Was denken die andern nur? Lachen die innerlich über mich? Sind sie empört? Bin ich so ein unerfahrenes Bübchen? Warum habe ich mich nicht im Griff?“ Hundert Gedanken schwirrten gleichzeitig durch seinen Kopf – ganz und gar nicht, wie es sich für einen Yogi gehört! Sein Atem raste schnell und oberflächlich.
Im gedämpften Licht konnte Beni den Halbkreis der anderen Teilnehmer nicht ganz überblicken. Die Lehrerin war cool wie immer, aus den Augenwinkeln konnte er erkennen, dass sich bei einem oder zwei anderen Männern nichts regte, nur einer hatte einen Halbsteifen. Und bei den Frauen sah man ja eh keine Veränderung. Er war sich sicher, dass alle auf ihn starrten. Doch es schaute ihn niemand direkt an, niemand grinste. Die Yogalektion nahm seinen gewohnten Lauf, die nächste Atemübung brachte schon bald Ablenkung. Seine Erektion verschwand so schnell wieder, wie sie gekommen war. Die Hitze im Körper und das wohlige Gefühl blieben.
Eine spezielle Erfahrung! Beni besuchte weitere Stunden. Die Übungen waren nicht immer dieselben, manchmal körperlich intensiver, manchmal meditativer. Die Aktivierung der Sexualenergie war jedoch immer wieder ein Thema, Erregung und Erektionen kamen also öfter vor. Mit jedem Mal nahm Beni es ein bisschen gelassener, auch wenn er dabei immer noch nervös wurde. Auch in den Atemübungen wurde er langsam besser. Über das Thema Erektion sprachen sie nach der Stunde nicht viel. Beni merkte schon, dass dies auch andere Männer beschäftigte. Auf jeden Fall merkte er, dass eine Erektion in diesem Rahmen kein Problem darstellt – schliesslich ist sie in gewissen Übungen schon fast erwünscht! Auch die Frauen in der Gruppe stehen positiv dazu. Eine hatte das einmal ganz schön ausgedrückt: „Wir wollen im Yoga ja keinen geilen Bock oder einen tollen Hengst sehen – aber diese Kombination von Männlichkeit und Verletzlichkeit imponiert mir.“ Beni hat den Mut gefunden, sich so zeigen, wie er in diesem Augenblick ist. Ganz bei sich, wohl in seiner Haut.