Das Bedürnis nach Berührung
Es gab Zeiten, in denen eine ganze Familie in nur einem Raum lebte. Sich mehrere Generationen einen Schlafplatz teilten. Folglich gab es viel Körperkontakt. Ob das immer angenehm war, vermag ich nicht zu sagen. Heutzutage leben wir in der Vereinzelung. Nie zuvor gab es so viele Single Haushalte.
Wann berühren wir uns?
In einigen Firmen ist es üblich, sich zur Begrüßung zu umarmen. Ein kurzer Körperkontakt. Vielleicht ein Küsschen auf die Wange. Doch selbst diese Tradition hat in den letzten drei Jahren gelitten. Erst allmählich beginnen wir wieder, uns und unserem Immunsystem zu vertrauen.
Bei einer Berührung von wenigstens 20 Sekunden, beginnt unser Körper Serotonin, das Bindungshormon auszuschütten.
Streicheln erhöht nachweislich die Anzahl der T- Helferzellen und stärkt somit unser Immunsystem. Das lässt sich labortechnisch messen.
Wie können wir Berührung wieder in unseren Alltag integrieren?
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Ein Beispiel aus der Praxis:
Kürzlich in der Paarberatung bestätigten beide, dass sie zu wenig Körperkontakt haben. Seit dem Umbau des Hauses sei die Kommunikation anstrengend geworden. Beide fühlen sich schnell verletzt oder nicht wahrgenommen. Auf mein Insistieren, was es noch an Veränderungen in dieser Zeit gegeben hätte, bemerkten sie, dass sie seit dem Umbau in getrennten Zimmern schlafen. Er schnarche seitdem, und sie kann dann gar nicht schlafen. Also schienen getrennte Zimmer eine gute Lösung. Doch das bedeutete gleichzeitig, dass das angekuschelt Schlafen nicht mehr möglich war und gar fast in Vergessenheit geriet.
In unserem Gespräch entstand die Idee, morgens zum anderen unter die Decke zu schlüpfen. Beide sind Morgenmenschen, bevorzugen auch Kuscheln und Sexualität am Morgen.
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Körperkontakt ist eine Form von Nahrung. Genährt sein. Wenn das das Grundgefühl eines Menschen ist, scheint es so zu sein, dass sonstige kleine Unstimmigkeiten leichter toleriert werden und gar nicht erst hochkochen.
Was tun als Single?
Wie wäre es mit einem Tanzkurs? Besonders beim Tango Argentino berühren sich die Körper in der engen Tanzhaltung über längere Zeit. Auch Salsa bietet sich an. Oder der gute alte Diskofox.
Körpernahe Sportarten befriedigen auch einen Teil der Sehnsucht nach Berührung.
Was hältst Du von regelmäßigem Freundinnenkuscheln? Beim Kaffeeplausch sich anschmiegen, die Füße der anderen in den Schoß legen.
Vermutlich ist das für Frauen leichter als für Männer.
Doch auch Männer könnten eine gute Freundin bitten, öfter zu Kuscheln. Ja. Das ist auch möglich, ohne dass Erotik entsteht. Beziehungsweise wenn diese entsteht, sie wahrzunehmen, und nur auszuleben, wenn das für beide stimmig ist.
Damit nicht genug der Möglichkeiten.
Es gibt Männer – und Frauenkreise, Tantrajahrestrainings.
Du kannst mit einer Tantramassage oder einem Bonding/ Kuscheln richtig auftanken. Natürlich kann es sein, dass Du dann erst merkst, wie sehr Du nach Berührung ausgehungert bist. Das bewusste Fühlen, was Dir da fehlt, kannst Du nutzen, um eine Standortbestimmung zu machen. Dann auch zielgerichtet Ausschau nach Kuscheleinheiten halten.
Du kannst Dich sogar selbst in den Arm nehmen. Dich streicheln, Deinem Körper guttun.
Einmal habe ich während eines GesangWorkshops etwas Spannendes erlebt. Wir lernten ein Lullaby, ein Schlaflied. Nachdem wir es gemeinsam gesungen hatten, forderte unser Chorleiter uns auf, uns 20 min den eigenen Unterarm zart zu streicheln. Das war ein bisschen ulkig so in der Gruppe. Doch die Energie veränderte sich. Es wurde stiller, friedlicher. Danach sangen wir das Schlaflied erneut. Beeindruckend, wie zart und liebevoll es jetzt klang.
Das ist ein schönes Beispiel für Körperkontakt mit sich selbst, ganz ohne erotische Komponente. Vermutlich befriedigen sich die meisten Menschen von Zeit zu Zeit selbst. Wie wäre es, daraus eine Selbstlieberitual zu zelebrieren, statt auf schnelle Triebbefriedigung zu setzen. Letztere mag ein guter Weg zum Entspannen, zum gut Einschlafen können, sein. Doch wenn Du Dir einmal wirklich Zeit nimmst, dann nährst Du Dich selbst.
Bevor zum Ende dieser kurzen Anregung kommen, möchte ich Dir eine Übung mitgeben, die Du fast überall ausführen kannst.
Nimm Dein Gesicht in beide Hände, schließe die Augen und spüre Dich!
Lass die Gefühle, die sich zeigen, zu. Entscheide Dich von Tag zu Tag, Dich noch ein wenig mehr zu lieben.
Als Variante dieser Übung kannst Du dabei die Augen öffnen und Dich selbst im Spiegel liebevoll anschauen und Weile einen weichen Blickkontakt mit Dir selbst halten
Wir sind gerne für Dich zum Kuscheln und für Berührung für Männer und Frauen da. Auch um mehr Inputs und Tipps zu geben, wie Du mehr Berührungen in Deinem Alltag geben und empfangen darfst.
Mit ganzem Herzen
Maria